Knöchel verstaucht: Wie sinnvoll ist eine Operation bei schwachen Bändern?

Manchmal ist es nur ein falscher Schritt oder eine Unebenheit auf dem Gehweg – und schon ist der Fuß umgeknickt. Bei intakten Bändern ist es meist nur ein kurzer Schreck ohne größere Folgen. Doch wenn das Sprunggelenk anschwillt, dürfte zumindest der Knöchel verstaucht sein. In vielen Fällen sind die Bänder einfach zu schwach, um diese unerwartete Bewegung abzufangen. Kommt das häufiger vor, empfiehlt so mancher Orthopäde eine Operation, bei der die Bänder verkürzt werden. Doch ist das überhaupt sinnvoll?

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 Knöchelverstauchungen gehören zu den häufigsten Verletzungen. Fast jeder, der sportlich aktiv ist (insbesondere Tennisspieler, Hand- und Fußballer), hat damit schon zu tun gehabt. Aber auch Unebenheiten auf Gehwegen, unverhofft auftauchende Bordsteinkanten oder eisglatte Wege kommen als Ursachefür eine Verstauchung in Frage. Frauen sind übrigens rund 2,5 mal häufiger als Männer von Verstauchungen betroffen, weil sie öfter unter schwachen Bändern leiden, aber auch experimentierfreudiger sind, was hochhackige Schuhe anbelangt.

Bänderdehnung oder Bänderriss?

Bei den Verletzungen kann es sich um relativ harmlose, wenn auch schmerzhafte Bänderdehnungen handeln, aber auch um Bänderrisse. In der Regel heilt eine Verstauchung gut aus. Vorsicht ist aber angebracht, wenn man häufiger – auch anscheinend grundlos – umknickt.

Gefährdet sind insbesondere die Bänder, die an der Außenseite des Knöchels entlang laufen (Außenbänder). Jede vierte Sportverletzung ist ein Außenbandriß. Die Innenknöchelbänder überdehnen seltener, weil sich der Fuß nur minimal nach außen neigen lässt.

Zur Schwellung im Knöchelbereich kommt es, weil mit der abrupten Dehnung auch Blutgefäße verletzt werden. Anhand der Schwellung lässt sich auch der Grad der Verletzung erkennen. Als Faustregel gilt: Je geschwollener der Knöchel ist, desto schwerwiegender ist die Verletzung.

Bänderriss: Gerissene Bänder zusammennähen lassen?

Bänderdehnungen und angerissene Bänder verursachen zwar Schwellungen und Schmerzen. Problematisch sind aber Bänderrisse, die auch als Verstauchung dritten Grades bezeichnet werden, denn bei einem Riss wird das Sprunggelenk instabil. Es kann Wochen dauern, bis der Fuß wieder voll belastet werden kann.

Meist wird eine Schiene getragen, damit die Bänder geschont werden und zusammenwachsen können. Die Heilungsphase sollte u.a. mit Kräftigungsübungen einhergehen, wie man sie in einer Praxis für Physiotherapie gezeigt bekommt. Denn mit solchen Übungen kommt man schneller wieder auf die Beine. Wie sieht es aber mit der langfristigen Stabilität eines verheilten Sprunggelenks aus?

Patienten, die häufiger mit Verstauchungen zu tun haben, wird manchmal empfohlen, gerissene Bänder zusammennähen zu lassen. Nicht zuletzt mit dem Argument, dann schneller wieder „auf die Beine zu kommen“. Studien haben aber gezeigt, so Wissenschaftler des Kölner Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), dass dem nicht so ist. „Die Forschung hat ergeben, dass die frühzeitige Mobilisation am erfolgreichsten ist, wenn es darum geht, das Fußgelenk schnell wieder belasten zu können.“

Auch nach einer Operation ist man nicht alle Sorgen los

Und hilft eine Operation, wenn das Sprunggelenk chronisch instabil ist? „Es ist nicht erwiesen, dass Operationen bei chronischer Instabilität immer besser helfen als spezielle Übungen“, sagen die Kölner Wissenschaftler.

Zwar können bei einer Operation Bänder verkürzt und gestrafft werden. Doch damit sind die Patienten nicht zwangsläufig alle Sorgen los.  „Selbst wenn ein Problem im Gelenkinneren durch eine Operation behoben werden kann, hat sich während einer länger andauernden Instabilität wahrscheinlich auch eine Störung der Muskelkoordination entwickelt. Deshalb sind Rehabilitationsübungen auch nach einer Operation immer ein wichtiger Teil der Behandlung“, so die Wissenschaftler, die mehrere hundert Studien ausgewertet haben.

Ob Physiotherapie oder Operation besser ist, ist nicht bekannt

 Leider keinen Hinweis gibt es auf die für viele Betroffene wichtigste Frage: Ist eine Operation langfristig besser als eine alleinige Rehabilitation? Die enttäuschende Antwort der Wissenschaftler: Es gibt bislang „keine Studien, die eine Operationsmethode direkt mit Physiotherapie oder anderen Rehabilitationsprogrammen vergleichen.“

Aber auch wer sich für eine Operation seiner Bänder entscheidet, darf nicht vergessen – es ist ein operativer Eingriff, bei dem auch ungewollte Folgewirkungen auftreten können.

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