Finasterid gegen Haarausfall mit gravierenden Nebenwirkungen

Zuerst die gute Nachricht: Bei Studien mit dem Wirkstoff Finasterid zur Behandlung von Haarausfall (androgenetischer Haarausfall) bei Männern (für Frauen ist das Medikament nicht zugelassen) zeigte sich: Finasterid (1 mg Tablette) kann den Haarausfall in vielen Fällen stoppen. Es wird von 80 bis 90 Prozent ausgegangen. In gut der Hälfte aller Fälle kommt es sogar zur einer Verdichtung der Kopfbehaarung.

Die weniger gute Nachricht: Wer mit Sicherheit ein erfülltes Liebesleben auch nach der Einnahme der Tablette führen will, sollte Finasterid meiden, denn mit dem Liebeslieben könnte es danach vorbei sein. Im Grenzfall hat man bei diesem Wirkstoff die Wahl zwischen dichtem Haar und danieder liegendem Sexualleben.

Intensiv mit der Frage nach den Folgen einer Einnahme hat sich vor geraumer Zeit eine länderübergreifende Gruppe von Forschern beschäftigt. Ihre dringende Empfehlung an behandelnde Ärzte: Bevor sie das Mittel verschreiben, sollten sie sich in Anbetracht der Nebenwirkungen mit ihren Patienten intensiv über Alternativtherapien unterhalten.

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Auswirkungen auf Libido, Erektionsfähigkeit und Samenerguss

Die Wissenschaftler haben die vorhandenen Forschungsergebnisse durchgearbeitet und sind unter anderem drei Fragen nachgegangen: Wie sind die Auswirkungen von Finasterid auf die sexuelle Lust (Libido), auf die Erektionsfähigkeit und auf den Samenerguss? Für alle drei Bereiche sind sie zu einem ziemlich unerfreulichen Ergebnis gekommen: Das Medikament wirkt sich negativ auf Libido, Erektionsfähigkeit und den Samenerguss aus. Rund 15 Prozent aller Männer, die die Medizin einnehmen, müssen mit diesen unerwünschten Wirkungen rechnen.

Die Amerikanische Urologen Vereinigung geht davon aus, dass bei zirka fünf Prozent aller Männer, die Finasterid einnehmen, die sexuelle Lust beeinträchtigt wird oder sich gar nicht mehr bemerkbar macht. Und bei einigen Männern kommt auch nach Absetzen der Haarwuchspille die Liebesfähigkeit nicht mehr zurück.

Auswirkungen auf die Erektionsfähigkeit

Noch höher sind die Zahlen, wenn man sich die Auswirkungen auf die Erektionsfähigkeit ansieht, denn auch sie lässt unter dem Einfluss des pharmazeutischen Wirkstoffs nach – mal mehr, mal weniger. Hier verweisen die Wissenschaftler auf mehrere Studien. Danach lässt bei 6 bis 8 Prozent aller Männer die Erektionsfähigkeit nach.

Sogar die Produktion und der Auswurf der Samenflüssigkeit wird Studien zufolge beeinträchtigt, wenngleich in geringerem Ausmaß. Im Schnitt sind 4 Prozent aller Männer, die Finasterid einnehmen, davon betroffen.

Bereits seit Mitte der 90er Jahre wird vermutet, dass das Medikament Brustkrebs auch bei Männern auslösen kann, eine Erkrankung, die bei ihnen ansonsten äußerst selten auftritt. Studien haben aber gezeigt, das unter dem Einfluss der Medizin die Brustkrebsrate in die Höhe schnellt – nämlich um den Faktor 200.

Eher selten diskutiert wird – obwohl durch Studien belegt – , dass Finasterid auch Depressionen begünstigt und zumindest in einigen bekannt gewordenen Fällen auch ausgelöst haben soll. Generell scheint das Mittel depressive Symptome anzustoßen und zu verstärken. In einer Studie entwickelten einige Teilnehmer nach einer Behandlungszeit von 9 bis 19 Wochen eine messbare Depression, die nach Absetzen des Haarwuchsmittels wieder verschwand.

Deutsche Experten: Nebenwirkungen sind selten

Und wie sehen nun die Hautexperten hierzulande das Problem? Wie schätzen sie die Nebenwirkungen ein? In einer Stellungnahme der Gesellschaft für Dermopharmazie werden die eben beschriebenen Probleme ganz anders gesehen und gewichtet. Tenor: Alles kein Problem. Da heißt es unter der Überschrift "Behandlung der androgenetischen Alopezie" u.a.: "Nebenwirkungen sind bei der Finasterid-Therapie selten. Bei ein bis zwei Prozent der behandelten jüngeren Männer (18 bis 40 Jahre) kommt es zur Abschwächung von Libido und Potenz. (...) Statistisch nicht relevant, die Patienten jedoch sehr beunruhigend, sind Berichte über eingeschränkte Fertilität und das Auftreten von Mammakarzinomen" (Brustkrebs).

Wie so häufig in der Medizin: Die letztendliche Entscheidung, was man seinem Körper zumuten will, fällt man immer noch selbst.

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