Parodontitis: Körpereigener „Impfstoff“ hilft heilen

Zahnfleischschwund (Parodontitis) ist eine schleichende, häufig unbemerkt verlaufende Erkrankung. Bereits die Hälfte aller jungen Erwachsenen ist davon betroffen, bei den über 60jähigen sind es fast 70 Prozent. Neben der etablierten Methode der Zahnreinigung und Zahnfleischbehandlung werden immer häufiger auch „Impfungen“ gegen Parodontitis durchgeführt. Die Ergebnisse sind ermutigend.

Geimpft im eigentlichen Sinne wird gar nicht, wenn der Patient einen ganz besonderen, nur für ihn zubereiteten Cocktail einnimmt oder sich in den Arm spritzen lässt (mehr dazu weiter unten). Denn die Behandlung ist nur dann sinnvoll, wenn die Parodontitis nachweisbar ist, zum Beispiel Zahnfleisch blutet; Vorbeugung ist auf diesem Weg nicht möglich. Es geht vielmehr um die Stärkung des Immunsystems. Denn ein schwaches Immunsystem ist einer der wichtigsten Auslöser der Parodontitis.

Abgetötete Bakterien sollen das Immunsystem anregen

Herzstück dieser Behandlungsform ist die Herstellung eines Wirkstoffs, der aus mehreren abgetöteten Bakterienstämmen besteht (sogenannte Autovaccine), die im lebenden Zustand für die chronische Zahnfleischentzündung verantwortlich sind. Abgetötet regt die Bakterienmischung das Immunsystem an und lässt die Zahnfleischentzündung wieder abheilen.

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Das in einem Labor hergestellte Serum ist individuell in seiner Zusammensetzung, denn entnommen werden die Entzündungsbakterien den Zahntaschen der Patienten. Und weil jeder Mensch seine ganz individuelle Bakterienkomposition hat, ist die Wirkstoffzusammensetzung immer personenbezogen.

Wissenschaftliche Studien, die die Wirksamkeit dieser von der etablierten Zahnmedizin eher belächelten Methode belegen, sind rar. Eine der wenigen Untersuchungen wurde am Interuniversitären Kolleg für Gesundheit und Entwicklung in Graz (Österreich) von der Zahnärztin Anneliese Westmeier durchgeführt.
Sie behandelte nach dieser Methode 16 Männer und Frauen im Durch­schnittsalter von ca. 52 Jahren.

Studie: Nach drei Monaten hatten sich wackelige Zähne gefestigt

Drei Monate nach der Behandlung litten die meisten Studienteilnehmer nicht mehr unter empfindlichen Zähnen und Mundgeruch; wackelige Zähne hatten sich gefestigt. Das Zahnfleisch war wieder normal rosa und straff. Die Zahntaschentiefe war im Schnitt um 1 bis 2 Millimeter reduziert. Zahnfleischblutungen traten nur noch in wenigen Fällen auf.

Neun Monate später, „hatten sich die Krankheitssymptome überwiegend weiter reduziert“, so die Zahnärztin. Und auch die Taschentiefen hatten sich weiter verringert. Anneliese Westmeier: „Die Patienten waren beschwerdefrei.“

Ebenfalls erstaunlich: Auch bei den Studienteilnehmern, „die eine nicht optimale Mundhygiene mit Plaquevorkommen aufwiesen, hatten sich die Taschentiefen weiter reduziert“, so die Medizinerin, die noch einen anderen Punkt eher am Rande erwähnt: „Die Patienten fühlten sich gesund und hatten ohne Erkältungen den Winter überstanden.“

Immunsystem des ganzen Menschen profitiert von der Behandlung

Oder anders gesagt: Von einem intakten Immunsystem im Mund profitiert auch der ganze Mensch. Weshalb es ihrer Meinung nach in Zukunft verstärkt Aufgabe des Zahnarztes sein sollte, „nicht nur die Zähne, sondern den ganzen Patienten im Blickwinkel zu haben und sich zum Zahn-Arzt zu entwickeln.“

Eine Parodontitis-Behandlung mit abgetöteten Bakterien ist nicht ganz preiswert: Rund 1000 Euro sind fällig, die aus eigener Tasche bezahlt werden müssen.

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