Der Blick ins Auge: Schlaganfall und Bluthochdruck vorhersagen / Verengte Netzhautgefäße weisen auf Durchblutungsstörungen hin

Klassische Netzhautuntersuchung

Sie beginnt mit dem Einträufeln einiger Augentropfen, die die Pupillen erweitern, damit der Arzt mit viel Licht und einer Lupe die Netzhaut nach Auffälligkeiten untersuchen kann. Und es lässt sich viel erkennen – nicht nur Augenkrankheiten wie grüner Star oder eine Makuladegeneration. Auch die Folgen von Diabetes, hohem Blutdruck und Thrombosen sind sichtbar, denn sie führen zu einer Veränderung der feinen Augengefäße.

Neuere Untersuchungsmethoden der Netzhaut gehen aber noch weiter. Sie eignen sich zum Beispiel zur Vorhersage von künftigen Krankheiten wie zum Beispiel Schlaganfall – und das mit sehr hoher Eintrittswahrscheinlichkeit, wenn nichts dagegen getan wird.

Kontaktglas-Dynamometrie

Recht neu, aber schon von vielen Augenärzten praktiziert, ist die sogenannte Kontaktglas-Dynamometrie. Dieses Verfahren, das von einem deutschen Augenarzt und Ingenieuren des Fraunhofer-Instituts für Biomedizinische Technik entwickelt wurde, kann Hinweise auf lebensbedrohliche Durchblutungsstörungen geben – und das noch lange bevor eine Halsschlagaderuntersuchung (z. B. mit Ultraschall) irgend etwas Verdächtiges anzeigt. Der Grund: Die zentrale Netzhautarterie ist nicht nur ein Ast der Halsschlagader, sie reagiert auch viel sensibler auf krankhafte körperliche Veränderungen. Die Untersuchung ist nicht schmerzhaft und dauert nur wenige Sekunden. Mit dem Blick durch das lupenähnliche Gerät ins Auge kann der Arzt nicht nur den Blutdruck der Zentralarterie des Auges messen und damit das Schlaganfall-Risiko abschätzen, sondern auch den Augeninnendruck (Glaukom-Vorsorge).

Talking-Eyes-Untersuchung

Bereits 2002 hatte der Wissenschaftler Georg Michelson von der Universität Erlangen auf die Möglichkeit der Vorhersage von Bluthochdruck und Gefäßerkrankungen bei verengten Netzhautgefäßen (Arteriolen) hingewiesen. Anhand von Studien mit tausenden von Teilnehmern und der Auswertung von Aufnahmen der Aufgennetzhaut kam er zu dem Schluss, dass Personen trotz normaler Blutdruckwerte (zum Beispiel gemessen am Oberarm) aber gefährlich verengter Arteriolen ein fast doppelt so hohes Risiko haben, innerhalb von fünf Jahren Bluthochdruck zu entwickeln.

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Die Untersuchungsmethode wird mittlerweile als „Talking-Eyes“ („Sprechende Augen“) von ca. 30 Augenärzten deutschlandweit angeboten (Liste unter www.talkingeyes-and-more.de). So geht die Untersuchung: Im Behandlungszimmer wird eine Aufnahme der Netzhautgefäße gemacht (ohne Tropfen zur Weitung der Pupillen) und andere Daten erfasst.

Die Analyse des Augenhintergrundes erfolgt zum Teil per Computerprogramm: Aus den Durchmessern ausgewählter Blutgefäße wird ein Wert errechnet. Dieser sogenannte „AV Ratio“ gibt Auskunft über den Grad der Arterienverengung. Die genaue Abschätzung des Gefäßrisikos erfolgt zentral in Erlangen bei Prof. Michelson, der die Daten auf elektronischem Weg erhält. Die Ergebnisse werden dem Patienten bzw. seinem Arzt zur Verfügung gestellt.

Mittlerweile geht es bei „Talking-Eyes“ nicht mehr nur um die Untersuchung der Augen. Neben „Talking-Eyes-Basic“, gibt es auch „Talking-Eyes-Plus“ und „Talking-Eyes-Extra“ mit weitergehenden Untersuchungen. „Talking-Eyes-Complete“ umfasst sieben Komponenten. Es wird nicht nur in die Augen geschaut und die Halsschlagader per Farbdoppler näher untersucht, sondern u.a. auch nach Risikofaktoren in Blut und Urin gefahndet. Eine Ernährungsanalyse gehört ebenfalls zum „Komplettprogramm“.

EvoCare-Screening des Augenhintergrunds

Das Verfahren läuft ähnlich ab wie bei einer Talking-Eyes-Untersuchung. Auch hier wird mit einer Kamera der Augenhintergrund fotografiert und die Gefäße werden computergestützt vermessen. Aus den Durchmessern ausgewählter Blutgefäße wird ebenfalls ein Wert errechnet, der Auskunft über den Gesundheitszustand gibt. Die Gesamtbeurteilung aller Daten erfolgt durch einen EvoCare-Facharzt. Mehr Infos unter www.dr-hein.com, Stichwort „EvoCareScreening“.

Optomap-Netzhautuntersuchung

Von der Netzhaut wird eine lasergesteuerte Aufnahme gemacht. 80 Prozent der gesamten Fläche werden erfasst und daraus dann ein Superweitwinkelfoto errechnet. Das Verfahren kommt ohne Tropfen zur Erweiterung der Pupillen aus und ist insofern recht patientenfreundlich, worauf so mancher Augenarzt gerne hinweist. Ein weiterer Vorteil: Ein solches Foto kann zur Verlaufsbeobachtung eingesetzt werden. Der Fachmann erkennt dann schnell sich entwickelnde krankhafte Veränderungen.

Der Nachteil dieser Untersuchungsmethode: Es wird nicht die gesamte Netzhaut erfasst (eben nur 80 Prozent). Und damit ist die klassische Untersuchung der Netzhaut besser. Hinzu kommt die fehlende Dreidimensionalität des Bildes. Bestimmte Veränderungen können nicht so genau bewertet werden. Die Kosten der Optomap-Netzhautuntersuchung (ca. 40 bis 80 Euro) müssen selbst getragen werden. Infos unter www.optos.com

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