Buscopan: Mehr oder weniger ohne Wirkung? TV-Spot unter der Lupe

 Die Kamera ist auf die Taille einer jungen Frau gerichtet. Davor ein verknotetes Seil, das sich langsam entwirrt und zum Schluss leicht und locker schwingt. Aufgelöst hat diesen Knoten – der für einen Krampf im Bauch der Frau steht und die damit einhergehenden Schmerzen – das nicht verschriebungspflichtige Medikament „Buscopan“.

Und nicht nur die Bildbotschaft des Werbefilms ist eindeutig. Auch die Sprecherin beschreibt mit klaren Worten, was da vor sich geht. Zitat: „Buscopan nimmt den Schmerz, entkrampft den Bauch.“

Soll man da im Punkto Wirksamkeit noch Zweifel haben, wenn die Dragées vorschriftsmäßig eingenommen werden, nämlich „zur Behandlung von leichten bis mäßig starken Krämpfen des Magen-Darm-Traktes, sowie zur Behandlung krampfartiger Bauchschmerzen beim Reizdarmsyndrom“, wie es in der Packungsbeilage heißt?

Buscopan ohne Wirkung?

Die Autoren des Pharma-Nachschlagewerks „Bittere Pillen“ haben diese Zweifel. Und sie sind in ihrem Urteil nicht zimperlich: „Abzuraten ist von einer Verwendung des Wirkstoffs Butylscopolamin (enthalten z. B. in Buscopan). In Tabletten- oder Zäpfchenform ist er gegen Bauchschmerzen mehr oder weniger wirkungslos“.

Da wundert sich der Laie. Doch für Experten liegt der Sachverhalt klar auf der Hand: Die Erfahrungen mit Buscopan in wissenschaftlichen Untersuchungen und in der täglichen medizinischen Praxis sind sehr widersprüchlich. Und wie in solchen Fällen üblich, nimmt sich jeder das, was er braucht.

Anzeige

Auch in einem anderen dickleibigen Nachschlagewerk, dem „Handbuch Medikamente“ der Stiftung Warentest, liest man nicht das, was der Werbefilm doch unmissverständlich verkündet. Dort heißt es – wenn auch weniger drastisch formuliert als in dem „Bittere Pillen“-Buch: Wenn Butylscopolamin, der Wirkstoff in Buscopan, „als Tablette oder Zäpfchen angewendet wird, wirkt er allenfalls direkt im Magen-Darm-Bereich schwach krampflösend. Deshalb gilt das Mittel in diesen Zubereitungsformen als ‘mit Einschränkung geeignet’.“

Vergleich: Placebo-Pillen waren nur hauchdünn unterlegen

Warum Buscopan nur schwach wirkt – wenn überhaupt –, hat auch mit der Art der Krämpfe zu tun. Gerade im Zusammenhang mit dem Reizdarmsyndrom wird in Untersuchungen immer wieder auf die psy­chosomatische Komponente der Erkrankung verwiesen. Da helfen manchmal schon wirkstofflose Pillen (Placebos).

Das hat sogar Buscopan-Hersteller Boehringer vor Jahren in einer eigenen Studie gezeigt: Bei der Beurteilung des Schmerzrückgangs durch Patienten gab es nach einer Einnahmedauer von vier Wochen nur einen hauchdünnen Vorsprung der Buscopan- vor der Placebo-Gruppe. Die Schmerzstärke hatte sich in beiden Fällen mehr als halbiert.

Bei einer Selbstbehandlung kommen wirkstofflose Pillen leider nicht in Frage, da sie nicht wirken, wenn man weiß, dass es nur Zuckerpillen sind. Sehr effektiv, wenn auch selten genutzt, sind aber psychotherapeutische Maßnahmen wie Verhaltens- oder Gruppentherapie.

erschienen in feminin & fit 4/2012

  1. Neurexan – homöopathisch verdünnt

  2. TV-Spots unter der Lupe: Dulcolax

  3. Gingium – die Pille gegen Vergesslichkeit?

  4. TV-Spots unter der Lupe: Wobenzym Plus

  5. Abnehmen mit Formoline L112?

  6. Vitasprint: Wieviel Vitamin B12 braucht ein Mensch?

  7. TV-Spots unter der Lupe: Antistax

  8. TV-Spots unter der Lupe: Deseo

  9. Buscopan: Mehr oder weniger ohne Wirkung?

  10. Länger leben mit Centrum Cardio?

  11. TV-Spots unter der Lupe: Voltaren

  12. Abnehmen mit XLS-Medical?

  13. Floradix. Aber wer braucht eigentlich Eisenpräparate?

Anzeige